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Italienisches Handelsvertreterrecht: Ist ein Influencer als Handelsvertreter einzustufen?

Vertriebsrecht

Italienisches Handelsvertreterrecht: Ist ein Influencer als Handelsvertreter einzustufen?

Am 4. März 2024 erließ das Gericht von Rom ein wegweisendes Urteil (Urteil Nr. 2615/2024), das potenziell tiefgreifende Auswirkungen auf den digitalen Marketingsektor und das Tätigkeitsfeld der Influencer haben könnte. In seiner Entscheidung stellte das Gericht fest, dass Influencer, die Produkte über soziale Medien bewerben, unter bestimmten Umständen als Handelsvertreter gemäß Artikel 1742 des italienischen Zivilgesetzbuches (Codice Civile) eingestuft werden können.

Geklagt hatte ein Unternehmen, das im Bereich des Online-Verkaufs von Nahrungsergänzungsmitteln und weiteren Produkten tätig ist. Hintergrund war eine Prüfung des Arbeitsinspektorats, das die Influencer als Handelsvertreter qualifizierte und das Unternehmen zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie weiteren Sanktionen aufforderte. Es sei darauf hingewiesen, dass in Italien im Gegensatz zu anderen Ländern das Unternehmen verpflichtet ist, einen Teil der Sozialversicherungsbeiträge für seine Handelsvertreter abzuführen.

Das Unternehmen verteidigte sich mit der Argumentation, dass Influencer nicht als Handelsvertreter im rechtlichen Sinne betrachtet werden können. Ihrer Tätigkeit liege eine gelegentliche und nicht dauerhaft stabile Beziehung zugrunde, sodass der typische Handelsvertretervertrag hier nicht zutreffe. Zudem betonten sie, dass Influencer keinerlei vertragliche Verpflichtung hätten, den Abschluss von Verträgen zu fördern, sondern vielmehr in völliger Freiheit und ohne bindende Verpflichtungen agieren würden.

Das Arbeitsinspektorat vertrat jedoch die Auffassung, dass Influencer eine klare Verkaufsförderungstätigkeit ausübten, die mit der Arbeit eines klassischen Handelsvertreters vergleichbar sei. Besonders hervorzuheben war, dass die Vergütung der Influencer unmittelbar an die von ihnen erfolgreich vermittelten Bestellungen gekoppelt war. Diese Entlohnungsstruktur, so das Arbeitsinspektorat, entspreche eindeutig den Merkmalen eines Handelsvertretervertrags im Sinne des Zivilgesetzbuches. Darüber hinaus beweise die regelmäßige und andauernde Zusammenarbeit zwischen den Influencern und dem Unternehmen den stabilen Charakter der Beziehung, der für einen Handelsvertretervertrag erforderlich sei.

Das Gericht von Rom wies die Klage des Unternehmens ab und entschied, dass Influencer, die über soziale Medien Produkte bewerben und eine Vergütung auf Basis der von ihnen erfolgreich vermittelten Bestellungen erhalten, rechtlich als Handelsvertreter gemäß den Bestimmungen des italienischen Zivilgesetzbuches einzustufen sind. Das Gericht stellte klar, dass die wiederkehrende und kontinuierliche Zusammenarbeit der Influencer mit dem Unternehmen den stabilen Charakter der Beziehung belege, der für das Vorliegen eines Vertrags erforderlich sei.

Dieses Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für die Praxis des Influencer-Marketings und den digitalen Marketingsektor insgesamt haben. Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten, müssen sich bewusstwerden, dass sie möglicherweise verpflichtet sind, diese als Handelsvertreter im rechtlichen Sinne zu behandeln. Dies würde nicht nur die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen umfassen, sondern auch die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Handelsvertreterrechts.