In diesen schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie, eine erfreuliche Nachricht für die Verbraucher.
Der EuGH (Aktenzeichen: C-66/19) erklärte am 26.03.2020 sogenannte Widerrufsinformation in bestimmten Kreditverträgen für unvereinbar mit europäischem Recht. Möglicherweise können nun Millionen Verbraucher ihre Darlehensverträge für den Kauf einer Immobilie oder im Fahrzeugleasing widerrufen.
Aus den Belehrungen über das Widerrufsrecht muss für Verbraucher „in klarer und prägnanter Form“ hervorgehen, wie sich die Frist für sein Gestaltungsrecht berechnet, mit dem er sich wieder vom Vertrag lösen kann, erklärte der EuGH. Nicht ausreichend sind damit die Angaben in Darlehensverträgen, die auf eine nationale Vorschrift verweisen, die ihrerseits auf andere Normen verweist. Die Klausel, um die es geht, findet sich in der Widerrufsinformation der Verträge. Dort wird für den Beginn der Widerrufsfrist auf „§ 492 Absatz 2“ des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen. Diese Weiterleitung quer durch das Schuldrecht bis hin zu den allgemeinen Fristenvorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch, unter Juristen auch als „Kaskadenverweis“ bekannt, wurde von vielen Banken und Immobilienfinanzierern in ihren Verträgen verwendet.
Wenn das wie hier nicht der Fall ist, dann greift das sogenannte „ewige“ Widerrufsrecht. Die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen.
Interessant ist die Entscheidung insbesondere für Immobilienbesitzer, die zwischen Juni 2010 und März 2016 eine Hypothekenfinanzierung aufgenommen haben. Sie können den Widerruf dazu nutzen, vorzeitig aus einem teuren Baukredit auszusteigen. Dabei wird keine Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Nach Angaben der Bundesbank sind im fraglichen Zeitraum Immobilienkredite im Volumen von 1,2 Billionen Euro abgeschlossen worden, von denen die meisten nun widerrufbar sein dürften. Wer beispielsweise im Jahr 2012 eine Finanzierung mit einem Zinssatz von vier Prozent unterschrieben hat, kann diese nun durch einen Widerruf sofort auf das aktuelle Zinsniveau von rund einem Prozent umschulden.
Allerdings ist es zu beachten, dass der Bundesgerichtshof (BGH) 2016 die jetzt vom EuGH beanstandete Formulierung für rechtens erklärt hatte. Ob er diese Ansicht wegen des EuGH-Urteils revidieren wird, bleibt zunächst offen. Es kann daher sein, dass sich die Banken weiterhin auf die Entscheidung des BGH berufen und es auf eine Klage ankommen lassen. Aber auch die Chancen für eine außergerichtliche Einigung sind grundsätzlich gut.